Mein beruflicher Einstieg

Mein beruflicher Einstieg

1.10.2007 meine kleine logopädische Praxis öffnet offiziell ihre Türen. 2006 habe ich meinen Bachelor of Health gemacht, damals war meine Tochter schon als kleiner Glücksbringer in meinem Bauch dabei. Ich habe mir dann aus der Elternzeit den Weg in meine Selbstständigkeit ebnen können. Im siebten und achten Semester meines Studiums habe ich als Werkstudentin in einer großen interdisziplinären Praxis in Neubrandenburg gearbeitet und schon wertvolle Erfahrungen sammeln können, aber immer unter Beobachtung und der Möglichkeit einer Rücksprache. Das Konzept der Praxis und die Zusammenarbeit von Logopädie, Ergo- und Physiotherapie haben mir schon damals sehr gefallen… vielleicht rührt daher mein Traum, selbst mal ein Therapiezentrum zu gründen.

Der Einstieg in die Selbstständigkeit hatte dann aber doch ein ganz anderes Kaliber, als die Arbeit als Werkstudentin. Wenn ich mich durch das Studium in Rostock in der Theorie sehr gut vorbereitet gefühlt habe, war es mit dem Einstieg in die Selbstständigkeit doch ein Sprung ins kalte Wasser. Bei der Vorbereitung hat mir meine Mitgliedschaft im dbl (Deutscher Bundesverband für Logopädie e.V.) sehr geholfen. Es gab Leitfäden mit all den Dingen die zu erledigen sind und den Rest habe ich in Ämtern erfragt, oder im Netz recherchiert. Es gibt einige Verbände in Deutschland und ich kann es jedem empfehlen, ob in der Ausbildung, dem Studium oder bereits im Beruf, sich einem Verband anzuschließen.

Eines habe ich dann schnell erkannt, zwischen dem therapeutischen Arbeiten einer Studentin und dem einer selbstständigen Logopädin liegen Welten. Lange Therapievorbereitungen, DIE eine Therapiemethode, ausführliche schriftliche Dokumentationen, all das musste kurzen knackigen Vorbereitungen, der Kombination von Therapiemethoden, Improvisation, Spontanität und einer kurzen und knackigen Dokumentation weichen. Basteln von Arbeitsmaterialien oder das Wälzen von Fachliteratur wurden in die Nachtschicht verlegt und samstags arbeiten gehörte plötzlich dazu. Hinzu kommt die Praxisführung mit all der nervenaufreibenden Bürokratie, auf die ich nicht vorbereitet war. Anfangs sind mir Fehler passiert, die mich finanzielle Einbußen und die ein oder andere Träne kosteten. Das komplette erste Jahr brauchte ich, um in den Berufsalltag einzusteigen und weitere 2 bis 3 um richtig anzukommen und routinierter zu handeln. Der enorme Druck, den ich mir selbst gemacht habe, hat mir viele schlaflose Nächte und eine Magenspiegelung gebracht… rückblickend sage ich, das muss nicht sein. Wenn ich mit der Erfahrung von heute, auf meinen Übergang vom Studium in die Selbstständigkeit zurückblicke, dann wünschte ich, ich wäre auf Folgendes besser vorbereitet gewesen… „Wie führe ich eine Praxis?“, „Resilienz (psychische Widerstandskraft) im Praxisalltag“, „Psychologische Betreuung von Patienten und ihren Angehörigen“… Vieles eignet man sich eigenständig an, so man es dann möchte! Jeder muss seinen eigenen Weg finden und für sich entscheiden, welche Qualitätsansprüche man an sich selbst stellt. Mir ist es sehr wichtig, mich stetig weiter- und fortzubilden, denn ich möchte meinen Patient*innen eine gute therapeutische Arbeit bieten und mit der Zeit gehen. Auch wenn die Logopädie im Vergleich zu anderen therapeutischen Fachbereichen, noch mehr oder weniger in den Kinderschuhen steckt, ist die Forschung im sprachtherapeutischen und linguistischen Bereich sehr aktiv. Außerdem habe ich Angst davor, nach jahrelanger routinierter Arbeit „betriebsblind“ zu werden und um diesem unschönen Phänomen entgegen zu wirken, ist es mir ebenfalls sehr wichtig, stetig zu lernen und zu lesen. Außerdem muss ich sagen, dass der Austausch auf Instagram mittlerweile einen unverzichtbaren Mehrwert für mich bietet. Es ist erstaunlich, was ich im letzten Jahr durch mein Profil bei Instagram alles Neues kennengelernt habe und mit wie vielen Logopäd*innen, Ergo- und Physiotherapeut*innen aus ganz Deutschland ich inzwischen in Kontakt stehe.

Ich sage Euch in der vergangenen Zeit stand ich so manches Mal davor, alles hinzuschmeißen, aber nicht mein „Ich“ als Therapeutin, sondern mein „Ich“ als Praxisinhaberin und Mutter.

Aber das ist heut anders…ich fühle mich angekommen, bin stolz auf meinen Werdegang und darauf in diesen momentanen schweren Zeiten dennoch zu bestehen und ich bin an einem Punkt angekommen, an dem ich darauf vertraue bald meine Wunschmitarbeiterinnen zu finden, die mir helfen, meine weiteren Träume zu verwirklichen.

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