Wie verläuft die Entwicklung der oralen Sensilbiltät? Die orale Wahrnehmung beginnt sich bereits beim Embryo im Mutterleib zu entwickeln. Bei der Geburt ist die taktil-kinästhetische Empfindung (Oberflächensensibilität/Tiefensensibilität) weiter entwickelt als z.B. die der Hand. Durch das Saugen lernt das Baby das Tasten, Schmecken, Fühlen und Empfinden und erfährt dabei Behagen und Geborgensein. Als haptisches (tastendes) Organ, dienen die vielfältigen Sinnesempfindungen der Information, was der Mund alles kann und dem Entdecken und Erkunden der nahen Objekte. Mit ca. 6 Jahren ist der Reifungsprozess der oralen Stereognose zu 80%, mit 12-15 Jahren abgeschlossen.
Die oralstereognostische Fähigkeit hängt von den Organen, Nervenbahnen und der Reifung des Gehirns ab. Faszinierenderweise stellt sie eine der höchstentwickelten Leistungen des Menschen dar und ist wesentlich an den Praxien im Mundraum beteiligt. Die Rückmeldung von kleinsten Druck- und Bewegungsveränderungen von Lippen, Zunge, Gaumen und Unterkiefer bestimmen eine fließende und optimal gesteuerte Bewegungsführung, für die automatisierten Abläufe, wie z.B. beim Sprechen. Defizite in den oralstereognostischen Fähigkeiten können am Entstehungsprozess von gestörten oralen Bewegungsmuster, wie beim Sprechen und Schlucken beteiligt oder für eine offene Mundhaltung verantwortlich sein.
Eine offene Mundhaltung, unkontrollierter Speichelfluss, eine heraushängende Zunge, Zungenpressen und auch die Kaufaulheit sind also nicht nur Symptome myofunktioneller Störungen (orofazialer Dysfunktionen), sondern auch sensorischer Fehlleistungen.
Tests zur oralen Stereognose sind ein wichtiges Diagnostikinstrument zur Beurteilung der oralen Sensibilität und der oralsensorischen Fähigkeiten. Sie geben mir als Therapeutin Informationen darüber, inwieweit sensorische Mängel Kofaktoren orofazialer Dysfunktionen und Aussprachestörungen sind und in der Therapiegestaltung berücksichtigt werden müssen.