Meilensteine der kindlichen Sprachentwicklung

Meilensteine der kindlichen Sprachentwicklung

Die Sprachentwicklung eines Kindes ist facettenreich und individuell, es gibt NICHT diese eine Sprachentwicklung die einem „Schema F“ folgt. Jedoch gibt es aber grobe Richtlinien und Werte, an denen wir Logopäd*innen uns orientieren, um zu beurteilen, ob sich ein Kind in seiner Sprachentwicklung „normal“ entfaltet, oder ob Handlungsbedarf besteht.

Ich beginne mit dem ersten Lebensjahr und auch wenn man noch nicht wirklich von „Sprache“ sprechen kann, so sind es doch schon wichtige Grundsteine, die in dieser Zeit gelegt werden. Schreien, Vokalisationen, Gurren, Lallen… alles Mittel der Kommunikation, sowie des Vorformens der späteren Sprachlaute. Kommuniziert ein Kind anfangs ausschließlich übers „Schreien“, beginnt es mit ca. drei Monaten mit einer Form von Vokalisation, die als GURREN bezeichnet werden kann. Das Erstaunliche daran ist, dass alle Kinder aller Sprachen gleich gurren. Die Spezifizierung der Laute zur Muttersprache hin, kristallisiert sich dann mit den Lallphasen heraus. In der ersten Lallphase sind es vorrangig Laute der hinteren Mundregion, dessen Rückkopplung vorrangig über unsere taktile Wahrnehmung, also über das Fühlen geschieht. In der zweiten Lallphase verändert sich dann mit Aufrichtung des Körpers, da das Kind zeitgleich häufig mit dem Sitzen und Robben beginnt, auch die Art der Lautbildung. Es entstehen neue Laute, die sich im Mundraum nach vorn verlagern und die Rückkopplung geschieht nun auch über die auditive Wahrnehmung, das bedeutet über unsere Hörwahrnehmung. Es werden Silbenketten gebildet, die in Tonhöhe und Lautstärke variieren. Zum Ende des ersten Lebensjahres hat sich ein passiver Wortschatz entwickelt und die Art des Lallens und der Silbenketten wird immer komplexer. Und ein besonders wichtiger und elementarer Meilenstein entwickelt sich… das Kind entwickelt den triangulieren Blickkontakt.

An die zweite Lallphase vom Ende des 1. Lebensjahres, schließt sich ungefähr mit 12 Monaten die Phase der ersten 50 Wörter an. Diese tauchen häufig eingebettet in Lallmonologe auf und zeichnen sich durch ähnliche Silbenstrukturen aus. Lautfolgen (z.B. „Gaga“) werden zunehmend mit bestimmten Bedeutungen verknüpft, wie z.B. „Mama“ oder „Papa“. In den anfänglich produzierten Worten werden vorrangig Laute der vorderen Bildungszonen verwendet, wie z.B. das p, b, d, t, m, und n. Vereinzelt tauchen auch schon Laute der hinteren Bildungszone wie das k oder g auf.

Mit ca. 18 Monaten (und das ist eine ungefähre Angabe, bis zu +6 Monaten ist auch noch im physiologischen Rahmen) passieren in der Sprachentwicklung des Kindes dann zwei gravierende Dinge…

1. Die 50-Wort-Marke wird erreicht und der sogenannte Wortschatzspurt oder Wortschatzexplosion setzt ein. Wurden bis dahin 1-3 neue Wörter am Tag gelernt, sind es nun bis zu 9. Der Wortschatz des Kindes explodiert förmlich und viele werden sich in dieser Phase schon beim Gedanken ertappt haben „Meine Güte..er/sie hört ja gar nicht mehr auf zu plappern!“ 

2. Das Kind beginnt sich ein sprachsystematisches Wissen über die Lautverwendung der Muttersprache anzueignen. Es lernt, wann und an welcher Stelle einzelne Laute eingesetzt werden müssen. Das Lautsystem des Kindes zeichnet sich zunächst durch Vereinfachungen aus… diese Vereinfachungen nennt man phonologische Prozess.

Ein Kind, im Alter von 24 Monaten , verfügt über ein passives Vokabular von ungefähr 300 Wörtern und sprechen kann es bis zu 200 Wörter. 

Der passive, sowie der aktive Wortschatz wachsen auch im dritten Lebensjahr rasant weiter. Umfasst der aktive Wortschatz zu Beginn des 3. Lebensjahres ca. 200 Wörter, können es zum Ende bereits bis zu 500 sein. Häufig lassen sich auch Wortneuschöpfungen beobachten, in denen die Kinder ihnen bekannte Wörter zu neuen kombinieren. ( kleines Beispiel: Briefträger, wird bezeichnet als Briefmann )

Die Sätze werden länger und grammatikalisch vollständiger, d.h. einfache Sätze werden jetzt richtig gebildet. Einige Kinder beginnen schon Nebensätze zu konstruieren. 

„Schwierige“ Laute, wie k, g, ch, r sollten zum Ende des 3. Lj. korrekt gesprochen werden und es lernt die schwierigeren Lautverbindungen (bl-, br-, kl-, gl-, usw.) zu beherrschen. In einem Zwischenschritt kann es sein, dass die schwierigen Lautverbindungen in manchen Wörtern gekonnt werden, in anderen nicht. Wenn ein Kind schwierige Laute manchmal richtig und manchmal falsch spricht, kann das darauf hinweisen, dass es im Lautsystem grad „heiß hergeht“ und dass der Laut demnächst richtig gesprochen werden kann.

Auffallendstes Kennzeichen dieser Altersstufe ist das Fragen. (Man spricht deshalb auch vom 2. Fragealter). Jetzt werden auch Fragewörter wie „Warum?“, „Wie?“, „Was?“ angewandt und nicht mehr nur mit prosodischen Merkmalen, wie dem Heben der Stimme am Ende eines Satzes oder Wortes, gearbeitet. 

Nun werden auch die Zusammenhänge, die die Kinder verstehen können, immer komplexer. Sie können Geschichten verfolgen, wenn sie durch passende Bilder unterstützt werden. 

Vorlesen, Bücher gemeinsam anschauen, die grenzenlose Welt der Bücher entdecken… es ist so schön und kann die sprachliche Entwicklung des Kindes so wunderbar unterstützen und fördern.

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