Die kindliche Sprachentwicklung

Immer wieder werde ich von Müttern und Vätern angesprochen, angeschrieben oder angerufen, die von mir kurz einen kleinen Rat zur Sprache ihres Kindes haben wollen, so häufig verknüpft mit der Frage… „Ist das normal so?“ Ich habe hier einmal eine Übersicht zusammengestellt, in der ich über die Sprachentwicklung eines Kindes von 0 bis 3 erzähle!
Was passiert im ersten Lebensjahr eines kleinen Menschen? Wie verläuft die ungestörte Sprachentwicklung?
Als Voraussetzung für die Laut- und somit später für die Wortproduktion, muss sich beim Kind zunächst die Fähigkeit der Lautwahrnehmung entwickeln. Erst wenn ein Kind in der Lage ist, Laute durch Hören zu unterscheiden und zu klassifizieren, kann es lernen, diese auch selbst richtig zu produzieren und anzuwenden. Erstaunlicherweise ist es einem Kind bereits im ersten Lebensjahr möglich gehörte Laute zu differenzieren.

Um unsere Laute dann physiologisch (uneingeschränkt/unbeeinträchtigt) bilden zu können, muss das Kind im Laufe seiner Entwicklung sein Bewegungsrepertoire der „Sprechwerkzeuge“ (Kiefer, Lippen, Zunge…) und die orale Gefühlswahrnehmung mehr und mehr ausbauen und differenzieren. Dadurch lernt es mit zunehmendem Alter Laute zu produzieren, die in ihrer Bildung immer größere Ansprüche erfordern.

Ungefähr bis zum 6. Lebensmonat dauert die erste Lallperiode an. Diese Phase nimmt einen wichtigen Raum ein, denn das Kind produziert eine Vielfalt an unterschiedlichen Lauten und testet seine Sprechwerkzeuge in sämtlichen Varianten aus. Es fühlt sich toll an, den Mundraum zu spüren…es kribbelt, es kitzelt, es gurrt und gluckst!

Während der zweiten Lallperiode, welche sich ungefähr über die zweite Hälfte des ersten Lebensjahres erstreckt, geht ein Teil des Lautbestandes wieder verloren. Das Kind orientiert sich nun mehr und mehr am Gehörten, bei sich und in der Umgebung und versucht Lautproduktionen nachzuahmen. Dadurch reduzieren sich die gebildeten Laute auf die der Muttersprache. Dem Gehör kommt damit eine zentrale und sehr wichtige Funktion zu. In dieser Zeit kommt es zu sogenannten Lallmonologen, die bereits das Betonungsmuster der Muttersprache erkennen lassen.

An die zweite Lallphase schließt sich ungefähr mit 12 Monaten die Phase der ersten 50 Wörter an. Diese tauchen häufig eingebettet in Lallmonologe auf und zeichnen sich durch ähnliche Silbenstrukturen aus. Lautfolgen (z.B. „Gaga“) werden zunehmend mit bestimmten Bedeutungen verknüpft, wie z.B. „Mama“ oder „Papa“. In den anfänglich produzierten Worten werden vorrangig Laute der vorderen Bildungszonen verwendet, wie z.B. das p, b, d, t, m, und n. Vereinzelt tauchen auch schon Laute der hinteren Bildungszone wie das k oder g auf.

Mit ca. 18 Monaten (und das ist eine ungefähre Angabe, bis zu +6 Monaten ist auch noch im physiologischen Rahmen), passieren in der Sprachentwicklung des Kindes zwei gravierende Dinge…

1. Die 50-Wort-Marke wird erreicht und der sogenannte Wortschatzspurt beginnt. Wurden bis dahin 1-3 neue Wörter am Tag gelernt, sind es nun bis zu 9. Der Wortschatz des Kindes explodiert förmlich und viele werden sich in dieser Phase schon beim Gedanken ertappt haben „Meine Güte..er/sie hört ja gar nicht mehr auf zu sappeln!“ oder „Ob die kleine Quasselstrippe wohl auch nochmal eine Minute den kleinen Schnabel hält?“

2. Das Kind beginnt sich ein sprachsystematisches Wissen über die Lautverwendung der Muttersprache anzueignen. Es lernt, wann und an welcher Stelle einzelne Laute eingesetzt werden müssen. Das Lautsystem des Kindes ist dabei zunächst eigenständig und zeichnet sich im Vergleich zum Lautsystem des Erwachsenen, durch Vereinfachungen aus…

Es sind Richtwerte, nach denen wir als Logopäden in den Diagnostiken von Kindern schauen, es sind auch Richtwerte, die Ärzte dazu veranlassen, Logopädie zu empfehlen. Kinder sind in ihrer Entwicklung so individuell und ein manches spricht bereits mit einem Jahr Zweiwortäußerungen, ein anderes erst mit zwei Jahren. Vergleiche der Kinder, tun den Eltern manchmal einfach nicht gut, dass Verschließen vor Auffälligkeiten aber leider auch nicht. Ich empfehle Müttern und Vätern immer, sich bei Unsicherheiten fachlichen Rat zu suchen, entweder direkt bei einer Logopädin oder einem Logopäden, oder bei einem Arzt.

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