Heut möchte ich einmal mit einigen Vorurteilen die Logopädie betreffend aufräumen…
„Das verwächst sich noch!“ …So und ähnlich werden Eltern von Ärzt*innen manchmal abserviert, wenn sie das Thema Logopädie während eines Arztbesuches ansprechen. Und versteht mich jetzt nicht falsch, ich möchte niemanden an den Pranger stellen, denn ich weiß, es gibt durchaus ambitionierte Ärzt*innen, die der Logopädie sehr positiv gegenüberstehen. Leider sind aber die, deren Mündern diese Zitate entstammen, in der Überzahl! Kürzlich hatte ich ein Telefonat mit einem Facharzt (!), welches sehr hitzig verlief, weil ich die Unwahrheiten und die Vermittlung eines Bildes meiner Arbeit und meines Berufsstandes vor einer Mutter, einfach nicht mehr so hinnehmen wollte!!!!
Man kann einfach keine pauschale Aussage dazu machen, wann bei einem Kind mit einer Therapie begonnen werden kann! Die Sprachentwicklung und allgemein die Entwicklung eines Kindes verläuft nicht einschienig und starr! Sprache ist vielseitig und komplex und ganz individuell von Kind zu Kind zu betrachten! Die sprachlichen Ebenen sind komplex und jede hat ihr eigenes Tempo in der kindlichen Sprachentwicklung. Natürlich kann mit einem dreijährigen Kind, welches starke Einschränkungen im Wortschatz hat, eine logopädische Behandlung begonnen werden! Würde ich bei diesem Kind auch schon ein reines Lispeln (Sigmatismus interdentalis) therapieren? NEIN, denn dafür fehlt es noch an motorischer Reife! Natürlich kann ich mit einem 4-jährigen Kind, welches phonologische Ersetzungsprozesse ( z.B. /sch/ zu /s/,/ch/ zu /s/, /r/ zu /h/, /k/zu /t/…) aufweist, eine logopädische Therapie beginnen! Therapiere ich bei diesem Kind schon Einschränkungen im komplexen Feld der Morphologie und Syntax? NEIN, dafür fehlt es noch an Reife! Natürlich kann ich mit einem Kind auch vor einem Zahnwechsel mit einer logopädischen Therapie beginnen, denn die Zunge hat sowieso nichts an oder zwischen den vorderen Schneidezähnen zu suchen!
Eltern müssen teilweise darum kämpfen gehört und ernst genommen zu werden und das ist in meinen Augen ein Missstand! Ein Missstand, der auf Unwissenheit, fehlendem Interesse oder der Sorge ums Budget basiert und sowas macht mich wütend! Oft wird zu spät mit einer Behandlung begonnen und sich dann echauffiert, dass zu viele Verordnungen benötigt werden, um eine manifestierte Sprachstörung zu therapieren!
„Es tut mir leid, ich habe keinen Zauberstab, den ich schwingen kann, um die Sprachstörung ihres Kindes wegzuzaubern!“ Hex, hex…das ist es, was mir manchmal einfach nur übrig bleibt zu sagen!
Ich lege Eltern immer wieder ans Herz, wenn der Wunsch besteht, das Kind aus gegebenem Anlass logopädisch betreuen zu lassen, dann sollen sie sich stark machen! Und wenn an den Arzt/die Ärztin kein Herankommen ist, dann direkt an die Logopäd*innen wenden! Ich z. B. biete sehr oft Beratungs- und Diagnostiktermine an und kann somit helfen Sorgen und Ängste zu nehmen und wenn nötig zum Beginn einer Behandlung raten! Man kann jederzeit an mich herantreten!
Im Folgenden zeige ich mal einige Äußerungen, die mir Eltern haben zukommen lassen…
Und dann gibt es da noch einen weiteren Satz, den ich zu oft höre…
„Geh rein zu der Tante, dann spielt ihr wieder schön!“…und jedes Mal stört er mich aufs Neue! Ich möchte erklären warum… zum Einen sehe ich mich nicht als „Tante“, denn ich bin die Tante dreier wundervoller Nichten, aber nicht die Tante des zu mir kommenden Therapiekindes. Ich bin Frau Dörner, oder in den meisten Fällen Jessi! Zum anderen mag ich es nicht, wenn ein Kind in dem Glauben zu mir kommt, bei mir würde es nur ums Spielen gehen und ebenso mag ich es natürlich auch nicht, wenn Eltern oder andere Menschen denken, in der logopädischen Therapie von Kindern würden wir nur spielen! „Man ist die aber kleinlich!“, mag der ein oder andere nun denken, aber da steckt ein bisschen mehr dahinter.
Sprachliche Defizite eines Kindes zu korrigieren, ist manchmal ein hartes Stück Arbeit! Besonders dann, wenn man allein und ohne elterliche Unterstützung arbeitet. Natürlich spiele ich mit meinen Therapiekindern, was wäre eine Kinderwelt ohne spielen, ABER in JEDES meiner Spiele sind Übungen eingebettet. Im Optimalfall merkt das Kind nicht einmal, dass wir schwierige Übungen machen, da es soviel Freude hat!
In jedem Erstgespräch kläre ich Eltern über den Verlauf einer logopädischen Therapie auf und besonders denjenigen, die den anfänglichen Satz, oder ähnliche nutzen, lege ich ans Herz, ihren Kindern von Beginn an zu vermitteln, dass sie nicht nur zum Spielen, sondern auch zum Üben und Lernen zu mir kommen!
Auch mit den Kindern spreche ich über dieses Thema. Ich erkläre warum sie zu mir kommen. Ich spreche mit ihnen über ihre Sprache, das bedeutet ich begebe mich auf metasprachliche Ebene und ich sage ihnen, dass wir spielen, aber immer auch üben. Ich versuche das Spiel dem jeweiligen Kind anzupassen, den Grad der möglichen Schwere und der entstehenden Ablenkung, sollte man immer bedenken und abwägen…
Ich bin keine Tante, bin keine Lehrerin oder möchte als Druckmittel in der Erziehung des Kindes fungieren… ich bin Logopädin und im besten Fall werde ich eine Freundin, die es schafft auf fröhliche und spielerische Art und Weise zu korrigieren und auszugleichen…und das bleibend!
